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MT 25.06.2009


Mühlacker Tagblatt, 25.06.2009

"Kopfstand mache ich keinen"

Der unbeholfene Selbstversuch eines Redakteurs auf dem Voltigier-Pferd – Pegasus zeigt am Wochenende, wie es richtig geht


Knapp 50 Voltigier-Gruppen sind am kommenden Wochenende mit ihren Pferden bei Pegasus Mühlacker zu Gast. Es geht unter anderem um die Titel der Nordbadischen Meister. Davon unendliche Weiten entfernt: der unbeholfene Voltigier-Versuch des MT-Sportredakteurs auf Captain Kirk.

Von Steffen-Michael Eigner

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Mühlacker. Einmal mit Captain Kirk auf die Umlaufbahn. Davon haben wir doch alle schon als Kinder geträumt. Nur haben wir dabei eher ans Raumschiff Enterprise gedacht, an ferne Welten, unentdeckte Planeten. Mitnichten an das etwas schummrige Neonlicht einer Reithalle, Staub in den Turnschuhen und einen schnaubenden Schimmel, der sich weit mehr für Karotten als für Klingonen interessiert.

 „Gestatten, Captain Kirk“, scheint er zu aus den Nüstern zu blasen. Nein, nicht Offizier der Sternenflotte. Vielmehr Sportkamerad der flotten Voltigier-Sterne von Pegasus Mühlacker. „Aha, angenehm“, denke ich und angesichts von 1,84 Meter Stockmaß vom Hufeisen bis zur Schulter: „Da soll ich jetzt wirklich rauf?“ Es hilft nichts, versprochen ist versprochen.

 Bei der Ehrungsfeier der MT-Sportlerwahl im März ist mir gegenüber Pegasus-Trainerin Karin Kiontke der nassforsche Satz entfleucht: „Ich steige auf Captain Kirk.“ Dabei habe ich bisher allenfalls mal als kleiner Bub beim Ponyreiten auf der Kirbe ein paar Runden gedreht und im Urlaub auf den Kanaren einen Ausritt auf dem Esel gewagt.

 Immerhin: Ich weiß mich in guten und erfahrenen Händen. Schließlich hat der Captain jahrelange Erfahrung als Voltigier-Pferd und weiß, dass er den sanftestmöglichen Galopp anschlagen muss, wenn seine zweibeinigen Sportler auf ihm turnen. Außerdem ist Karin Kiontke eine der erfolgreichsten Voltigier-Trainerinnen im Land. Und eine der erfahrensten.

 Seit bereits 23 Jahren bringt sie jungen Mädchen und einigen wenigen Buben das Voltigieren bei. „Ich wollte schon als kleines Mädchen immer reiten“, erzählt die heute 39-Jährige. „Und beim Voltigieren bin ich dann hängen geblieben.“ Mit Erfolg: In ihrer aktiven Zeit war Karin Kiontke für den TV Mühlacker zweimal Deutsche Vizemeisterin in der Sportart, die einst aus der Ausbildung bei der Kavallerie heraus entstand. Die Soldaten sollten sich auch in schwierigsten Situationen im Sattel halten können.
 Sattel? Gerade fällt mir auf: Captain Kirk hat ja gar keinen. Nur eine Art Decke mit zwei Haltegriffen ist dem Württemberger Schimmelwallach umgeschnallt. Steigbügel gibt es auch keine. Die Voltigierer von Pegasus schwingen sich aus dem Laufen aufs galoppierende Pferd – mit scheinbarer Leichtigkeit. Für mich gibt’s die Feld-Wald-und-Wiesen-Variante. Jens Henne aus der Pegasus-Riege macht die Räuberleiter und beamt mich hoch.

 Kaum habe ich Platz genommen, da setzt sich Captain Kirk auch schon in Bewegung. Erst mal nur Impulsantrieb im Orbit um Karin Kiontke, will sagen im Schritt. Das Tempo zwar gemächlich, aber dennoch: Es schaukelt. „Kopfstand mache ich aber keinen“, rufe ich schon mal vorsorglich und versuche, aufrecht zu sitzen und mich dem Bewegungsrhythmus des Captains anzupassen. Eins wusste ich schon vorher: Reiter brauchen eine gut trainierte Rumpfmuskulatur. Bauch, Rücken und die seitlichen Muskeln sind gefordert. Und als ich auf Geheiß der Trainerin die Arme zur Seite strecke und mich nur noch mit den Oberschenkeln auf Captain Kirk festklammern kann, merke ich: Auch da braucht man als Voltigierer ganz schön Muckis.

Im Galopp hoppst es deutlich mehr als zuvor vermutet

 „Jetzt probieren wir das mal im Galopp“, ruft Karin Kiontke. Ein Kommando, und prompt schaltet Captain Kirk auf Warp-Antrieb um. „Hop-pala-lala! Dahas hahat aha-beher vohon ahau-ßehen viehiel ruhu-iger ahaus-gesehn!“ Obwohl es doch erheblich mehr hoppst und schaukelt als ich zuvor vom Zusehen vermutet hatte, lasse ich mich dann doch zu einem kleinen Kunststück überreden. Hinknien, dann erst das rechte Bein, schließlich auch den linken Arm ausstrecken.

 Mit viel Mühe halte ich mich auf dem galoppierenden Pferd. Dabei dürfte diese Übung für echte Voltigierer, die zu zweit und zu dritt übereinander Kopfstand auf dem Pferderücken machen, vermutlich Kinkerlitzchen sein. Wie es richtig geht, ist am kommenden Wochenende zu sehen, wenn Pegasus Mühlacker, das heuer 20 Jahre alt wird, sein jährliches Voltigierturnier veranstaltet. In dessen Rahmen werden auch die Nordbadischen Meisterschaften ausgetragen.

 Ich jedenfalls trete nach rund fünf Minuten wieder auf festen Boden – und das mit flatternden Oberschenkeln: Die Adduktoren machen von der Anstrengung schlapp. Reiten ist eben doch mehr als einfach draufsitzen – und Voltigieren umso mehr.